01.03.2019 | Autorin: Andrea Wünscher – Juristische Mitarbeiterin
Ende März soll im EU-Parlament endgültig abgestimmt werden – über eine Reform der Urheberrechtsrichtlinie und damit auch über den derzeit heftig umstrittenen Artikel 13. In einer ersten Abstimmung Mitte Februar dieses Jahres sprachen sich nur fünf Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gegen eine Neuerung aus.
Worum geht es? Besonders in Artikel 13 des geplanten neuen EU-Urheberrechts sehen Kritiker künftig Probleme. Denn: Wird gegen Urheberrecht verstoßen, sollen Plattformen wie Google, YouTube und Twitter in die Pflicht genommen werden – es wären also nicht mehr nur die Nutzer selbst haftbar, wie es bislang der Fall war. Bei einem nicht berechtigten Upload von Inhalten müssen Fotos, Videos und Bilder umgehend entfernt werden – außer es wurde vorab eine Lizenz mit dem Rechteinhaber über das urheberrechtliche Material erworben. Um dies zu gewährleisten, soll ein Upload-Filter eingerichtet werden. Dieser soll die Inhalte vorab automatisch mittels eines Filtermechanismus auf urheberrechtlich geschütztes Material prüfen, damit sie gegebenenfalls erst gar nicht online gestellt werden.
Bereits im Juli 2018 fand eine Abstimmung über den Artikel 13 statt – und wurde mehrheitlich abgelehnt. Danach gab es einen Kompromissvorschlag mit etwas entschärften Regelungen für kleinere Plattformen. Demnach sollen Seiten von diesem Artikel ausgenommen werden, die seit weniger als drei Jahren betrieben werden oder unter zehn Millionen Euro Umsatz pro Jahr erwirtschaften. Liegt eine der beiden Voraussetzungen vor, haften die Betreiber nicht von vornherein für Verstöße, sondern diese müssen Inhalte erst nach einer Reklamation prüfen und gegebenenfalls löschen. Verzeichnet eine Website weniger als fünf Millionen Besucher pro Monat, müssen die Anbieter zeigen, dass sie bestmögliche Bemühungen unternommen haben um Copyright-Verstöße zu vermeiden. Wie solche Bemühungen nachgewiesen werden sollen, ist bislang nicht bekannt.
Aber auch die großen Plattformen wie YouTube könnten vor einigen Herausforderungen stehen. Denn „wirksame Inhaltserkennungstechniken“, wie sie laut Artikel 13 gefordert werden, verursachen hohe Kosten und eine umfangreiche Weiterentwicklung der aktuellen Filtermechanismen.
Und auch die User sehen vor allem ein großes Problem: Die Upload-Filter könnten auch Inhalte mit satirischem Hintergrund blockieren, die an sich gar nicht gegen das Urheberrecht verstoßen. Viele Content-Ersteller und aktive Nutzer fürchten deshalb eine starke Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit und protestieren gegen die Änderungen. Es wird sogar von einer Vorabzensur gesprochen. Netzaktivisten kritisieren auch die mögliche Fehleranfälligkeit einer maschinellen Lösung, da eine falsche Einschätzung sofort zu einer Sperre der Inhalte führen könnte.
Wie groß die Bedenken der Bevölkerung sind, zeigt wohl auch die Zahl der User, die sich in einer Onlinepetition gegen die neuen Regelungen ausgesprochen haben. Derzeit unterzeichneten dort knapp fünf Millionen Personen.
Trotz umfangreicher Kritik wurde der endgültige Text der Richtlinie beschlossen. In gut einem Monat wird sich zeigen, wie sich die 751 Mitglieder des Europäischen Parlaments in der Plenarsitzung in Straßburg entscheiden.